Montag, 21. Oktober 2013

...denn das Gute liegt so nah

Liebe Leser,

früher bin ich sehr viel gereist. Wirklich viel. Schon mit meinen Eltern fing das Reisen an: erst mit Eltern und Großeltern nach Borkum (ich war so klein, dass ich mich kaumnoch erinnere), dann mit Omma und Oppa in die schweiz, später mit den Eltern und der Schwester (und dem Hund nach Frankreich - jedes Jahr. Auch innerhalb von Deutschland sind wir gereist: kurz nach der Maueröffnung nach Berlin, wo meine Schwester und ich erfolglos an der Mauer herumkloppten, Ferien in Bayeern auf einem Bauernhof, Ferien bei Jever auf einem Reiterhof und nicht zuletzt Besuche bei der Tante in Westfalen und Freunden im Westerwald.
Als meine Schwester und ich größer wurden, fuhren wir mit einer Jugendgruppe nach Frankreich, auf Skifreizeit und sonstwohin. Später, noch nicht volljährig, besuchte ich Freunde in Australien und als mein Vater sich einen VW T3 California kaufte, fuhren wir zwei damit tolle Touren durch Skandinavien. Ich liebte dieses auto und das Leben darin - pure Freiheit. Damals träumte ich davon, immer so zu leben und 2000 erstand ich auf einer Campingmesse ein Dachzelt.
Die Zeit zwischen Schulabschluß und Ausbildungsbeginn wollte ich für meine Traumreise nutzen: Einmal noch hoch ans Nordkapp. Alleine. Nur ich und Norwegen und mein geliebter, alter Golf.


Das war die erste Reise meines Lebens. Es war großartig! Fünf Wochen war ich unterwegs, campte oft wild, erlebte die Mitternachtssonne und hatte ganz oben im Norden zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, ein Ziel wirklich erreicht zu haben. Zwischendurch, in Trondheim, musste ein Radlager gewechselt werden und auf dem Rückweg ging mir das Geld aus - über die große Brücke nach Dänemark kam ich nur, weil der Brückenwärter nett war, meine letzten Münzen und eine Rolle Prinzenrolle annahm und meine Geschichte kaum glauben konnte. Bei hannover schlief ich zwei Nächte auf einem Rastplatz an der A7, bis ich auf Geld zugreifen konnte, welches mein Vater beim ADAC in einer anderen Stadt für mich hinterlegt hatte. Ich fuhr nach hannover und dort wusste man bereits Bescheid und ich konnte tanken und gen Heimat fahren (nicht ohne vorher einen klitzekleinen, großen Umweg über den Schwarzwald zu machen, um Freunde zu besuchen).
 
Die zweite Reise meines Lebens machte ich 2007, als ich, irgendeinem Geistesblitz folgend, mit meinem damaligen Freund (und heuigem guten Freund) von Bilbao den Camino del Norte nach Santiago de Compostella wanderte. das ist eine Alternativroute des Jakobsweges. Mein Leben danach war ein anderes als davor - im Positiven Sinne. Davon gibt es leider kein Bild.
 
Die dritte Reise meinem Lebens machte ich 2011, als ich eine Freundin in Nürnberg besuchte un dort meinen jetzigen Mann kennenlernte. Gesehen, gewusst, gemacht - ja, wir haben den Turbo eingelegt.
 
 
...und heute? Heute mag ich Reisen gar nicht mehr so sehr. Schon noch, aber ich habe nicht mehr dieses innere Bedürfnis, die Welt entdecken zu müssen. Es zieht mich nicht mehr in die Ferne, denn ich liebe meine Heimat und mein Zuhause. Ich sehe mir sehr gerne Reisereportagen an und lausche gespannt den Reiseberichten von Freunden, Familie und Bekannten. Aber ich selbst, mich zieht es nicht mehr fort. Wenn ich zwei tage weg bin, reicht es mir. Am dritten Tag vermisse ich mein Zuhause, den Geruch, mein Bett und meine Küche. Ich vermisse die grünen, bergischen Wälder, die Luft hier und das Gefühl, Zuhause zu sein.






Was ich aber, beruhigenderweise, sehr mag, sind Ausflüge. In die Nähe und in die Ferne. Schauen, was es in der Umgebung gibt, Neues entdecken, an Altbekanntem erfreuen, etwas erleben. Gerne als Kurzreise, am liebsten in die Natur. Städte besuche ich nur gerne, wenn ich dort eine Anlaufstelle (Freunde, Familie) habe. Und ich träume immer noch von einem Leben mit Wohnmobil. Losfahren, wann und wohin man will. Wer weiß, vielleicht wird es ja irgendwann etwas...

Liebe Grüße in die weite Welt!
Maike

Dienstag, 15. Oktober 2013

Der Anfang war die Kartoffel - oder: Gedanken zu Ernährung und Konsum

Im weiten Netz bin ich gestern und heute auf zwei Beiträge gestoßen:
Frau Krähe verfasste den Stolperstein Milk&Honey, in dem es um Tierhaltung und mögliche Folgen einer weitreichenden Ernährungsumstellung der Bevölkerung geht. Es gab einige Kommentare und eine Fortsetzung folgte.
Eine der Kommentatorinnen ist frau kreativberg, die in einem Ihrer Blogeinträge auf das Thema eingeht - allerdings schon etwas weitreichender.

Ich fand diese Einträge toll, weil ich mag, dass sie zum Nachdenken über so wichtige Dinge wie Ernährung, Konsum, Welthunger, Arbeitsbedingungen und deren Zusammenhänge anregen. Zeit, mal wieder vor meiner eigenen Türe zu kehren und nicht nur meine Meinung in die Welt zu posaunen, sondern mein eigenes Verhalten, meine Gedanken und eben diese, meine Meinung zu hinterfragen und auf die Gültigkeit zu prüfen.

Ich wandle immer wieder auf dem Pfad der veganen Ernährung. Allerdings nicht immer, weil es nicht immer leicht ist. Vor allem, wenn man unterwegs ist. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Und bei aller Moralität möchte ich doch auch, dass die Ernährung mir Spaß macht und ich - vor allem unterwegs - keinem Dogma erliege, sondern auch die Umwelt noch genießen kann (und sie mich).
Aber Zuhause sollte es veganer sein als unterwegs. Allerdings beziehe ich das nur auf meine Ernährung, nicht auf meinen Lebensstil. Ich möchte nicht, dass ein Tier für mich geschlachtet wird, weil ich möglicherweise das Bedürfnis habe, ein kleines Teil dieses Tieres jetzt gerade mal zu verspeisen. Und ich möchte auch das nicht haben, was man heutzutage gemeinhin als "Milch" bezeichnet. Auch nicht die daraus hergestellten Folgeprodukte.

Ich wäre weniger vegan, wenn es das "frühere" Leben gäbe: Man hält ein Tier (so, dass es dem Tier Spaß macht), am Ende schlachtet man es (was immer noch suboptimal ist, weil es sein Leben zu meiner Befriedigung lassen muss) und verwertet es komplett. Man nutzt nicht nur das Fleisch, sondern auch die Haut, möglicherweise das Fell, auch die Hufe, Hörner, Knochen, auch Eingeweide wie Darm und Blase. Dann muss das Tier immer noch sterben (was, Ihr merkt es, mir widerstrebt), aber: erstens konnte es leben, wie es sein soll (was man auch bezweifeln kann, denn eigentlich sollte ein Tier in dauernder Freiheit leben, es sei denn, es wendet sich (wie oft Katzen) dem Menschen zu, aber das geht mir in diesem Beitrag vorerst zu weit), zweitens wird es vollständig verwertet. Das bedeutet, dass nicht der kulinarische Genuss im Vordergrund steht, sondern das gesamte Tier.
Das schlägt fehl, denn ich habe keinen Nutzen an einem gesamten Tier. Ich würde das Fleisch essen (aber nur die besten Stellen, so ehrlich muss ich sein), ich könnte sicherlich das Leder oder das Fell gebrauchen, wahrscheinlich auch Hufe und Hörner. Ganz ultravielleicht könnte ich die Sehnen zum Nähen nehmen. Aber eher nicht. Das würde bedeuten: Ein ganzer Haufen Tier bleibt übrig und wird nicht von mir verwertet. Also wäre es Blödinn, ein Tier zu schlachten. Und Wegwerfen ist scheiße. Immer.
Abgesehen davon könnte ich wahrscheinlich kein Tier schlachten. Noch bevor mir allerübelst ob der Geräusche, Gerüche und Anblicke würde, könnte ich nicht mal das Messer ansetzen. Nicht, wenn ich dem Tier in die Augen gesehen habe und es auf eine bestimmte Art und Weise zu meinem Begleiter wurde. Ich rede nicht von Freund, sondern Begleiter. Es hätte, bis es geschlachtet würde, massgeblich meinen Tagesablauf und mein Leben mitbestimmt und mich in jeder Lebenslage akzeptiert. Dem könnt ich nicht die Kehle durchschneiden. Ich nicht, andere vielleicht schon - das sage ich wertfrei, weil andere Menschen unter anderen Umständen aufwuchsen und das Tier per se anders sehen als ich.

Bei Milch geht es mir nocht anders. Ich will kein weißes Wasser - und nix anderes ist es heute mehr. Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Kind Milch vom Bauern geholt habe. Das ist jetzt sooo lange auch noch nicht her, sagen wir: 20 bis 25 Jahre. Die Milch roch unglaublich gut, voll irgendwie. Sie hatte eine leckere Rahmschicht obendrauf. Und wenn man sie stehen liess, dann wurde Dickmilch daraus. Unglaublich lecker. Wer kennt heut noch Dickmilch? Heute wird die Milch sauer, wenn man sie stehen lässt. Trotz dem ganzen Mist, der darin ist. Medikamente, Streßhormone, blabla. Gesund ist sie auch nicht.
Die Milch von früher, die würde ich mir gönnen. Vielleicht einen halben Liter in der Woche. Das wäre gut, denn damit wäre meine Vitamin B12-Versorgung auf natürliche Weise aufs Trefflichste gesichert. Für einen halben Liter Milch braucht man aber auch nur eine nette Kuh, keine hochgezüchtete 40-Liter-täglich-Milchkuh. (Und jetzt sag mir keiner "Meine Milch ist aber voll bio" oder so. Geht Euch halt die Betriebe ansehen.) Und nur für einen halben Liter Milch eine Kuh halten, ist seltsam.

Was mich, abgesehen von der Moral fuchst, ist der ökologische Aspekt der Sache. Es werden Regenwälder abgeholzt, weil genamnipulierter Soja angebaut wird, um Tiere zu füttern. Ist nicht so interessant, weil der Regenwald sehr weit weg ist. Man sieht das nicht so, und ob dann da jetzt ein Luchs oder ein Äffchen weniger ein Zuhause hat, das kriegen wir nicht mit und das ist nicht interessant, weil wir kennen die Tiere der Art her ja auch gar nicht. Ausserdem gibts die bestimmt im Zoo. Wegen Arterhaltung und so. (Aber wehe, es werden zehn bergische Bäume mit Vogelnestern für ein Stück Straße gefällt! Da wird dann abends die Antibaumfällparty geschmissen. Mit lecker Steaks und Würstchen vom Grill.) Plantagen für Tee und Kaffee sind übrigens nicht besser.

Und der Geiz der Menschen. Der nervt mich auch. Gutes Essen kostet gutes Geld. So ist das eben. Was sagten unsere Omas und Opas immer? "Wat nix kost, dat is auch nix!" und "am Essen wird nicht gespart!". Ja, unterschreibe ich gerne so. Wir haben Geld für Smartphones, Internetverträge, Flugreisen, Kosmetika und all so ein Gedöns. Aber am Essen wird gespart, das geht auch billiger (bei McDonalds?).
Aber ist echt teurer, werden alle sagen, kann ich mir nicht leisten. Dann, sage ich, fang mit einer Sache konsequent an. Kauf ab sofort die Kartoffeln nur noch bio. Gibts auch bei Feinkost Albrecht und  Konsorten. Nur die Kartoffeln, the rest will follow.

Es geht nicht darum, dass wir bio hypen oder dass Veganer besser sein sollen. Es geht darum, dass wir anfangen müssen, unseren Konsum zu hinterfragen und an unseren fest gemauerten Meinungen zu rütteln. Nur, weil wir etwas nicht sehen, heißt es nicht, dass es nicht passiert. Es passiert. Wir sehen es nur nicht. Wir sehen es nur dann, wenn wir uns die Informationen dazu selber einholen. Das ist mühselig und schwierig. Aber es ist der einzige Weg. Wir sollten müssen uns mit unserem Konsum auseinandersetzen, ganz gleich, ob es Kleidung, Ernährung oder etwas anderes ist. Es ist wichtig zu hinterfragen, wo etwas herkommt, wie es produziert wurde und ob es vertretbar ist, dieses Produkt zu kaufen. Ich wundere mich, dass dies so selten geschieht, denn erstens sind wir alle mündig - und damit auch verantwortlich. Und zweitens haben wir für das Geld gearbeitet.

Und dennoch: An dieser Stelle schliesst sich der Kreis und wie zu Beginn angekündigt, muss ich auch mein Verhalten hinterfragen und kritisieren.
1) Ich halte Tiere. Sie leben nicht in Freiheit und sind meinem guten Willen unterweorfen: Ich ernähre sie und mache sie mir zunutze, weil ich an ihnen Freude habe. Kann ich ihnen das zurückgeben?
2) Ich fahre zu wenig Fahrrad. Ich bin bequem und setze mich, meiner Meinung nach, zu oft ins Auto. Weil es regnet, weil ich müde bin, weil ich faul bin, weil es schneller geht - wegen weil eben. Nicht gut.
3) Ich habe eine nicht vegane Lebensweise, die mit meinen Gedanken vom Anfang des Posts in einem Konflikt steht. In meinem Hobby Mittelalter komme ich um Felle nicht herum und im täglichen Leben entscheide ich mich gelegentlich für Leder und gegen Kunststoff. Das mache ich, weil Leder das natürlichere Material ist, im April erst fiel die Entscheidung für ein paar Schuhe, deren Obermaterial wahrweise Leder oder in tausend Jahren nicht verrottender Kunststoff sein konnten. Ich wählte, meinem ökologischen Gewissen nachgebend, Leder, wohl wissend, dass dafür ein Tier herhalten muss.
4) Ich kaufe zu wenig bio. Ich kaufe bio, aber zu wenig. Es könnte mehr sein.Das käme mir und der Umwelt zugute.
5) Ich produziere zuviel Müll. Das lässt sich nicht immer umgehen, aber ich könnte den Müll Zuhause optimieren, in dem ich Wert auf Verpackungen aus Papier lege, unnötige Verpackungen im Geschäft entsorge oder am besten Dinge ohne Verpackung kaufe.
6) Ich benutze zuviel Kosmetika. Ich schminke mich selten, aber ich würde gerne weg von Shampoos, Cremes und diesem Gedöns. Ich bin lediglich zu faul, Wascherde anzurühren, mich regelmäßig abzubürsten und mir eine vernünftige (unvegane) Haarbürste zu kaufen, um meine Haare jeden tag zu pflegen.

7) Zuweilen rede oder schreibe ich, anstatt zu handeln.

In diesem Sinne wünsche ich Euch einen hinterfragten und nachdenklichen Tag und hoffe, Eure graue Masse in Bewegung gesetzt zu haben.

PS: Filmtipps: We feed the world, Plastic Planet, Emmas Glück (Spielfilm)